Offener Brief

Offener Brief des Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V. an die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung, des Magistrates, der Ortsbeiräte 4 & 11, sowie alle Mitbürger der Stadt Frankfurt am Main.

Sehr geehrte Stadtverordnete,

sehr geehrte Mitglieder des Magistrates,

sehr geehrte Mitglieder der Ortsbeiräte,

sehr geehrte Mitbürger,

wir der Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e. V., mussten mit Schrecken aus den Medien erfahren, dass unsere Kleingartenanlage „Am Graben“ durch den Bau der Europäischen Schule auf dem „Festplatz am Ratsweg“ im Fortbestehen bedroht ist. Dies werden wir Kleingärtner des Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V. nicht hinnehmen!

Der Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V. hat in seinem mittlerweile 109 jährigen Bestehen viele Höhen und Tiefen mitgemacht. Von 1946 bis ca. 1954 bestand der Kleingärtnerverein aus über 500 Gärten. Durch den Bau von einem Rückhaltebecken sowie der Erweiterung von Industriegeländen sind bis 1957 ca. 160 Gärten dem Verein gekündigt worden und dauerhaft verloren gegangen. Bis 1958 sind weitere Gärten dem Verein entzogen worden, sodass am Ende des Jahres nur noch 350 Gärten übrig blieben. Im Jahr 1963 wurde von der Stadt Frankfurt am Main der Generalverkehrsplan verabschiedet. Auch hier wurde durch die Stadt Frankfurt dem Kleingärtnerverein vorsorglich eine komplette Gartenanlage aufgelöst. Für den Bau der Bundesautobahn A661 wurde 1984 dem Kleingärtnerverein weitere Gärten gekündigt, sodass wir in der Gartenanlage „Am Wald“ seit 1988 von ca. 80 Gärten nur noch 12 Gärten behalten konnten. Als Ausgleich bekamen wir „Riederwälder“ 1980 eine Gartenanlage in Maintal Dörnigheim. Hier wurden für die Mitglieder Gärten bereitgestellt und durch den Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V. verwaltet. Das dies nicht von Dauer ist, war vorauszusehen. Die Anlage „Dörnigheim“ wurde im Jahre 2000 selbständig. 2011 erhielten wir einen neuen Pachtvertrag durch die Stadt Frankfurt am Main für unsere 4 Gartenanlagen. Alle Gartenanlagen wurden gekündigt, da für den Bau des „Riederwaldtunnel“ Platz benötigt wird. Gleichzeitig hat es wieder einen Verlust von 35 Gärten in unserer Anlage „Am Erlenbruch“ gegeben. Diese besteht seitdem aus nur noch 12 Gärten. Stand heute besteht unser Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V. noch aus 4 Anlagen mit 234 Gärten, welche alle zum Landschaftsschutzgebiet der Stadt Frankfurt am Main gehören.

Wir möchten nicht nur auf den bisherigen Entfall von Gärten hinweisen, sondern auch auf die soziale und ökologische Kompetenz des Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V.. Insbesondere die Integration von sozial Schwächeren, das Heranführen von Kindern und Jugendlichen an das Kleingartenwesen, sowie das friedliche Miteinander von ca. 25 verschiedenen Nationen. Für unsere Mitglieder mit Behinderung ist der Garten ein zusätzlich geschützter Raum, in welchem Sie die volle Bandbreite der Inklusion erleben können. Sie werden in der Gemeinschaft akzeptiert und sind ein Teil dessen. Sogar eine Kindergartengruppe hat ihre naturnahe Erlebnispädagogik in einem unserer Gärten integriert. Sie erleben vom Säen über die Pflege bis zur Ernte den Kreislauf ihrer Pflanzen. Für die Stadtkinder wird dadurch deutlich, dass Obst und Gemüse nicht aus dem Supermarktregal kommt. Nach einem anstrengenden und abenteuerlichen Aufenthalt im Garten, laufen die Kinder schmutzig und mit Erdbeere verschmiert aber glücklich zurück in den Kindergarten. In der Anlage „Am Graben“ betreiben 120 Mitglieder im Alter von 2 – 96 Jahren mit ihren Familien ökologischen- und nachhaltigen Gemüse- sowie Obstanbau. Jenes entlastet nicht nur die Umwelt, da diese Produkte nicht quer durch Europa gefahren werden müssen, sondern auch den mittlerweile hoch belasteten Geldbeutel der Mitglieder. Nicht zu vergessen ist was ein Kleingartenverein für seine Mitglieder und alle Mitbürger der Stadt Frankfurt am Main darstellt. Eine bessere Lebensqualität in der und vor allem für die Stadt Frankfurt am Main. Durch Lärmverringerung, Staubbindung, Durchgrünung und Artenschutz, sowie Lebensraumvernetzung und klimatische Auswirkungen entstehen nachweislich durchweg positive Resultate. Die Vegetation im Kleingarten versorgt die Luft mit Feuchtigkeit. Niederschläge versickern in jenem und laufen nicht einfach ab. Der versickerte Niederschlag kann dann in den nächsten Tagen wieder als Feuchtigkeit an die Luft abgegeben werden. Damit wirken sie ausgleichend und hohen Temperaturen entgegen. Gerade in der hochverdichtenden Bebauung und dem starken und ständig zunehmenden Verkehr der angrenzenden Stadteile ist dies wichtiger denn je, das Landschaftsschutzgebiet in dem unsere Gartenanlage liegt, nicht zu zerstören.

Die Stadt Frankfurt hat sich mit ihrem Nachhaltigkeitsbericht 2020 folgende Ziele gesteckt:

Die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) und dieses leitende Prinzip spiegeln sich in der Definition einer nachhaltigen Stadt – der sogenannten Green City – wider: Eine Green City fördert den Ausgleich zwischen ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen, der nicht auf Kosten Dritter oder nachfolgender Generationen geht. Die Green City bietet Lebensräume für Mensch und Natur.

Im SDG 3 hat die Stadt Frankfurt am Main festgestellt, dass Gesundheitsförderung über den Bereich der medizinischen Versorgung weit hinaus geht und bezieht Faktoren der äußeren Umwelt mit ein.

Das SDG 15 befasst sich mit dem Leben an Land. Ziel ist es, Ökosysteme zu schützen, Wälder zu erhalten und die biologische Vielfalt zu stärken. Intakte Ökosysteme sind die Grundlage für das Leben auf der Erde und eine nachhaltige Entwicklung. Sind sie gestört, entzieht sich den Menschen die Lebensgrundlage: Es gibt nicht ausreichend Nahrung und Erholungsräume, Umweltkatastrophen häufen sich und unser Klima wird gefährdet. Der GrünGürtel Frankfurt besteht auch aus Kleingärten, Sportflächen, Friedhöfe, landwirtschaftliche Flächen und Gehölz, diese werden zu den Grün- und Freiflächen gezählt. Die Flächen dienen den Menschen zur Naherholung, zusätzlich sind sie Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen.

Diese selbst gesteckten Ziele der „Green City“ Stadt Frankfurt am Main sollen auch im Erhalt der Kleingartenanlage „Am Graben“ des Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V. berücksichtigt werden.

Was geschieht mit den angrenzenden Stadtteilen Bornheim und Riederwald, die jetzt schon unter dem parkendem Verkehr der Veranstaltungen der Eisporthalle und der Sportstätte des FSV Frankfurt und zukünftig auch dem im Bau befindlichen Schwimmbades leiden? Eine Umsiedelung der Anlage „Am Graben“ sehen wir als ökologischen und wirtschaftlichen Fehler an. Die Mitglieder der Anlage kommen größtenteils zu Fuß, per Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln in ihre Gärten. Wird die Anlage ausgelagert, wird dies vorrausichtlich in Stadtrandlage erfolgen. So müssten die Mitglieder bedauerlicherweise per Auto anfahren. Hierbei entstehen hohe Umweltbelastungen und Finanzielle Nachteile. Mitglieder ohne Auto sind unter diesen Umständen nicht in der Lage, einen Garten in der ausgelagerten Anlage anzunehmen. Auch der Name Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V. wäre in einem anderen Stadtteil unpassend und das Vereinsgefühl würde dauerhaft geschädigt und verloren gehen.

Daher bitten wir Sie eindringlich; Belassen Sie unsere Gartenanlage „Am Graben“ in ihrer vollständigen Größe und Struktur zum Wohle der Kleingärtner des Kleingärtnerverein Riederwald 1913 e.V. und für die Umweltbedingungen der Stadt Frankfurt am Main, die sich momentan zurecht „Frankfurt Green City“ nennt.